Wohnen ist ein Grundbedürfnis jedes Menschen, unsere häusliche Behaglichkeit hat einen hohen Stellenwert innerhalb unserer Gesellschaft. Der damit verbundene Ressourcenverbrauch hat die Menschheit auch schon in der Vergangenheit vor Herausforderungen gestellt. So gründet sich der heutige Nachhaltigkeitsbegriff auf die ersten Bestrebungen für eine nachhaltige Forstwirtschaft im frühen Mittelalter.1.
Zu damaliger Zeit wurde ein Großteil der Wälder Europas buchstäblich verheizt.
Aktuell stehen wir vor einer ähnlichen Problemstellung, denn in Industriestaaten wie Deutschland basiert unsere Gesellschaft nach wie vor zu 80 % auf fossilen Brennstoffen. Über ein Drittel (35 %) des gesamten Endenergiebedarfs von Deutschland (864 TWh) wird in Privathaushalten für Beheizung, Warmwasserbereitung, Beleuchtung und Kühlung von Gebäuden verbraucht.2.
Wir verheizen unseren Planeten.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde versucht, durch die Einzelperspektiven verschiedener Experten eine differenzierte Sicht auf die einzelnen Problemstellungen zu erhalten. Durch diese Arbeitsweise sollen Hemmnisse identifiziert und Ansatzpunkte aufgezeigt werden, die es ermöglichen, neue Herangehensweisen zu entwickeln, um den Primärenergiebedarf im Gebäudebestand zu senken.
Das Vorgehen innerhalb dieser Arbeit orientiert sich an dem dynamisch-offenen, iterativ- zyklischen Wuppertaler Prozess.
Im Fokus der Erhebungsmethoden stand die Identifizierung von Potenzialen zur Reduktion der Umwelteinflüsse durch Wohngebäude. Basierend auf den Meinungsbildern und den Argumentationskriterien der Interviewpartner wurden bereits erste Einschränkungen des Forschungsfeldes vorgenommen. Innerhalb der Marktsituationsanalyse wurden weitere Hand-lungsfelder identifiziert und diese innerhalb der Potenzialbewertung weiter eingeschränkt.
Verwendete Methoden:
UMFELDANALYSE
EXPERTENINTERVIEWS
ANALYSE DER MARKTSITUATION
EIGENTÜMER WORKSHOP
POTENZIALANALYSE
HANDLUNGSFELDER IDENTIFIZIERUNG
DESIGN
Befragte Experten:
ARCHITEKT & MATERIALEXPERTE
Klaus Dosch, Geschäftsführer Faktor X
ENERGIE-MANAGEMENT & NUTZER MONITORING
Prof. Dr.-Ing. Viktor Grinewitschus, EBZ Business School, University of Applied Sciences
STROMANBIETER
Felix Schäfer, Vorstand der Bürgerwerke
NETZBETREIBERINNOVATIONSMANAGEMENT Milan Niehaus, Innogy, Projektmanager Designetz
KOMMUNALE BERATUNG
Oliver Wagner, Wuppertal Institut Co-Leiter des Forschungsbereichs Energiepolitik
MARKTFORSCHUNGWOHNUNGSWIRTSCHAFT
Expert, Forschung für die Wohnungswirtschaft
GEBÄUDEVERWALTUNG
Dirk Kiehl, Borggreve & Kiehl Grundbesitzverwaltung OHG, Geschäftsführer und Gesellschafter
Durch die umfassende Analyse der verschiednen Teilmärkte und Befragung der wichtigsten Stakeholder konnten einige Hemmnisse für eine Nachhaltige Wohnwirtschaft zusammengetragen werden. Ich möchte die gewonnen Erkenntnisse gern anhand der Wirtschaftsbereiche aufzeigen. Basierend auf diesen Hemmnissen wurden Potenziale entwickelt um Handlungsräume aufzuzeigen.
Die Immobilienwirtschaft ist der größte Wirtschaftszweig jeder Volkswirtschaft. Durch die weitgefächerten Tätigkeitsfelder, von der Immobilienbewirtschaftung über Vermittlung, Finanzierung, Planung und Bautätigkeit, ergeben sich viele ineinandergreifende Teilmärkte, die im Einzelnen innerhalb der Arbeit näher beleuchtet wurden. Die Immobilienwirtschaft trägt mit rund 500 Milliarden Euro 18 % zur gesamten Bruttowertschöpfung in Deutschland bei (2015).13. Die Immobilienwirtschaft bewirtschaftet einen Gebäudewert von rund 8 Billionen Euro und damit das 3,7-fache des Bruttoinlandsproduktes.
Nachfolgend finden Sie einige Kernerkenntnisse der Recherche.
DER BESTAND ENTSCHEIDET ÜBER DIE NACHHALTIGKEIT DES WOHNSEKTORS
Um die CO2-Emissionen des Gebäudesektors wie geplant bis 2050 zu senken, soll der Primärenergiebedarf um 80 % bis 95 % sinken. Das bedeutet, der gesamte Gebäudebestand soll grundlegend energieeffizienter und unabhängiger von fossilen Brennstoffen werden. Neuartige Gebäude erreichen diese Einsparungen mühelos, bei der derzeitigen Neubaurate von 0,55 % p. a. lassen sich die gesamtwirtschaftlichen Ziele jedoch nicht nur durch den Neubau von Gebäuden erreichen.2.
Für das Gelingen der Energiewende spielt die Steigerung der Energieeffizienz von Bestandsgebäuden eine wichtige Rolle. Alle derzeit erreichten Einsparungen sind auf die Verbesserungen im Gebäudebestand und Umstellungen bei Heizungssystemen zurückzuführen. Die Sanierungsraten von Gebäuden stagnieren seit einigen Jahren und sind zu Teilen rückläufig.2.
Deutlicher Nachholbedarf, völlig neuer Fokus notwendig.
Nur etwa 10 Prozent des Wohngebäudebestandes entsprechen den bis Ende 2015 gültigen Grenzwerten der EnEV 2009 von max. 70 kWh/m ² p. a. (in petrol).2. Über 15 Prozent der Gebäude liegen mit ihrem Energiebedarf über 300kWh/m2 p.a., also dem 4 fachen der Grenzwerte der EnEV 2009.Nur etwa 50 % der Bestandsgebäude liegen mit ihrem Endenergiebedarf unter dem Median von ca. 185 kWh/m² p.a.. Im Vergleich haben Einfamilienhäuser einen etwas höheren Energiebedarf von durchschnittlich ca. 190 kWh/m² p.a., während der durchschnittliche Energiebedarf von Mehrfamilienhäusern bei ca. 170 kWh/m² p.a. liegt.2.
Zwischen dem Energiebedarf eines Neubaugebäudes (25 kW/m2 p.a.)und dem eines durchschnittlichen Bestandsgebäudes liegt demnach ein Faktor von 7,4. In Bezug auf die Ziele der Bundesregierung, bis 2050 einen nahezu CO2-neutralen Gebäudebestand zu erreichen, bedeutet das, dass auch bereits voll sanierte Gebäude erneut saniert werden müssen und es in der Energieversorgung völlig neue Ansätze braucht.
Ebenso wird deutlich, dass die Differenz zwischen Neubau und energetisch ineffizientem Gebäudebestand so weit auseinander liegt (Faktor 20), dass die 50 Prozent mit einem Energiebedarf oberhalb des Medians, besonders die Gebäude über 300 kWh/m2 p.a., im Rahmen von Sanierungsplänen zu priorisieren sind.
DIE EIGENTÜMER ENTSCHEIDEN ÜBER DIE MASSNAHMEN AN IHREN GEBÄUDEN
Durch die Eigentumsrechte und die aktuelle Gesetzeslage liegt es an jedem Eigentümer selbst wann und in welchem Umfang eine Sanierung notwendig ist.
Auf Basis der Wohnfläche und der Anzahl an Gebäuden stellen Einfamilienhäuser mit 82% der Wohngebäude den weitaus größten Anteil dar. Das typische deutsche Einfamilienhaus ist vor 1977(61%) erbaut, freistehend(67%), besitzt einen unbeheizten Keller (60%) und hat ein Steildach(91%). Dabei steht der größte Anteil dieser Häuser (14 Mio., 75%) in Westdeutschland.8.
Mit 61 % dominiert in Deutschland die einschalige Bauweise. Die Verwendung von Steinarten mit geringer Rohdichte führt zu einem besonders hohen Wärmedurchgangskoeffizienten dieser Bauart.
Je nach Wandaufbau geht man daher von sehr hohen Wärmeverlusten bei dieser Art von Gebäuden aus.8.
Bis 2010 waren gerade einmal 30 % aller Alt-bauten nachträglich gedämmt (auf Gesamtflächen gerechnet) worden (ohne Berücksichtigung der Dämmstärke). Damit ist der Großteil dieser Gebäude auch heute noch unsaniert. Beim Dach zeigt sich hier ein leicht positiveres Bild, ca 50 % sind nachträglich gedämmt worden. 2.
Energieeinsparungen werden durch erhöhten Komfort verschwendet (Rebound-Effekte)
Die Energieversorgung von privaten Haushalten basiert zu über 83 % auf rein fossilen Energieträgern. Der häufigste Energieträger innerhalb von deutschen Haushalten ist dabei Gas (50 %). Durch das geplante Verbot von Ölheizungen ist mit einer Zunahme von Gasthermen zu rechnen, der Trend zur Gasheizung ist bereits seit 2007 deutlich. In puncto Energieeffizienz hat sich der Gebäudesektor zwar massiv verbessert, im Vergleich zum Basisjahr der Dekarbonisierungsmaßnahmen, 1990, ist der Primärenergiebedarf allerdings um 11 PJ (+0,5 Prozent) gestiegen. Der größte Teil des Energiebedarfs fällt dabei auf die Produktion von Raumwärme (69,5 %) zurück.6.
Während von 2000 bis 2010 der quadratmeterbezogene Endenergieverbrauch für Raumwärme um ca. 30 % gesunken ist 6., stieg der Raumbedarf im gleichen Zeitraum um 34,2% an.9.
Hohe Verluste und viele Herausforderungen in der Stromversorgung
Im Energiesektor fallen durch die Stromerzeugung und den Transport Umwandlungsverluste an, auf die privaten Haushalte entfielen 23,9 Prozent dieser Verluste, bzw. 3.215 PJ p.a.. 6. Der größte Teil dieser Verluste entsteht dabei, in der Stromerzeugung in Form von Abwärme, Umwandlung und Transport. Damit geht mehr Energie verloren, als genutzt wird.
Vom Primärenergiebedarf für Haushalte von 5591 PJ gehen insgesamt 57,5% verloren, bevor diese innerhalb des Hauses genutzt werden kann, denn thermische Kraftwerke können die gespeicherte Energie der fossilen Primärenergieträger nie vollständig in Elektrizität umwandeln. Die hohen Verluste durch Umwandlung und Transport zeigen, dass eine lokale Stromproduktion im oder nahe dem Gebäudebereich durchaus auch gesamtwirtschaftlich sinnvoll wäre15.
Im Zusammenhang mit den erneuerbaren Energien ergibt sich für die Netzbetreiber ein weiteres Problem, denn die Erzeugung ist nicht lastgängig und führt somit zu Netzüberlastungen und wird zu großen Teilen abgeregelt. Im Jahr werden durch das Abregeln von EE-Anlagen 5.403 GWh p.a. an Stromleistungen abgeregelt.16.Das entspricht dem Strombedarf von 1,7 Mio.Haushalten (Gesamtbedarf 128,5 T Wh).
Hohe Verluste bei der Wärmeversorgung
Anhand einer Beispielrechnung, auf Basis eines 140m2-Hauses mit Baujahr 1964 – 1977, wurden die Verluste, die sich durch eine rein technische Sanierung auf den aktuellen Standard einsparen ließen dargestellt. Insgesamt ließen sich 54 % des Energiebedarfs durch die energetische Sanierung einsparen, das sind rein technische Verluste und beinhaltet noch keinerlei anwendungsbedingte Verluste oder technische Potenziale, die sich durch andere Technologien, wie bspw. durch eine Wärmepumpe oder eine Solarthermieanlage, ergeben würden. Allerdings muss der Ener-giebedarf durch eine energetische Sanierung der Gebäudehülle bei diesen Gebäuden erst verringert werden, um den Energiebedarf auf ein Niveau zu bringen, das durch neue Heizungskonzepte ökonomisch zu bewerkstelligen ist.8.
BETRIEB IMMERNOCH ÖKONOMISCH
Durch die niedrigen Energiekosten, im Speziellen für Gas (0,05 €/ kWh), sind diese Anlagen nach wie vor ökonomisch betreibbar, besonders wenn die Betriebskosten im Rahmen einer Vermietung ohnehin weitergegeben werden. Zum anderen sind die Heizungsanlagen zu weiten Teilen über 20 Jahre und älter (Durchschnitt 16,6 Jahre) und dementsprechend die Investitionskosten bereits lange amortisiert. Eine Neanschaffung ist mit ca. 10.000 € für viele Eigentümer eine durchaus große Investition, besonders, da die Verschuldungsrate bei Eigentümern nach wie vor hoch ist (91.000/ Person). Heizungsanlagen werden daher oft nur im Schadensfall getauscht. Bei unsanierten Gebäuden gibt es aufgrund des hohen Energiebedarfs kaum Alternativen zu den Verbrennungsanlagen. Lediglich Ölheizungen verzeichnen aufgrund der steigenden Ölpreise den größten Rückgang (ca. 42 %). Häufig werden die Anlagen gegen moderne Gas-Brennwertgeräte getauscht, der Absatz von Gasheizungen verzeichnet ein stetiges Wachstum und lag 2015 bei 750.000 abgesetzten Anlagen, während der Absatz von regenerativen Heizungsanlagen (Wärmepumpen, Biomasse) seit 2012 bei knapp unter 100.000 Anlagen pro Jahr stagniert.2.
Aufgrund der langen Betriebszeiten von Heizungsanlagen (20 Jahre) ist es notwendig zu erwähnen, dass jede zum heutigen Zeitpunkt gekaufte Heizungsanlage dazu beiträgt, dass das Gebäude, in dem diese Anlage betrieben wird, wahrscheinlich 2050 nicht CO2-neutral sein wird.2.
Durch aktuelle Sanierungsstandards und Verfahren lassen sich massive Einsparpotenziale im Gebäudesektor generieren. Die wirtschaftlichen Anreize für eine umfassende Sanierung sollten also eigentlich gegeben sein. Die technischen Möglichkeiten und Verfahren sind vorhanden, damit diese Gebäude den aktuellen energetischen Standard erreichen oder sogar übertreffen. Um eine CO2-Neutralität zu erreichen, wären allerdings weitere Maßnahmen notwendig, zum Beispiel eine Energieversorgung, die ohne CO2-Emissionen auskommt. Da eine rein elektrische Energieversorgung bei derzeitigem Primärenergiemix und den Verlusten im Stromnetz zu massiven CO2-Emissionen führen würde, sollte die Eigenproduktion weiter in den Fokus der Betrachtung gerückt werden. Ebenso ist der Materialeinsatz bei derzeitigen Verfahren sehr hoch, daher sollte der Ressourceneinsatz der verwendeten Baustoffe in die Betrachtung der energetischen Sanierung aufgenommen werden.
ÖKONOMISCHER DRUCK
Aufgrund der verhältnismäßig niedrigen Energiepreise ist die Rentabilität von energe-tischen Sanierungen insgesamt gesunken.2. Bei aktuellen und tendenziellen Energiepreisen ergeben sich für die Eigentümer keine spürbaren finanziellen Anreize, ihre Energieeffizienz grundlegend zu steigern. Für Mieter wird dieser Umstand zum Problem, da sie die Energieverluste der Immobilie zahlen.
NUTZERVERHALTEN
Weiterhin haben sich aus der Betrachtung ergeben, dass durch das Nutzerverhalten weitere Einsparpotenziale möglich sind. Die zu-künftige Energieversorgung wird maßgeblich auf diese Potenziale eingehen müssen, um den steigenden Anforderungen der Bewohner und der Energieeffizienz gerecht zu werden.
MOTIVATION
Da die Sanierungsraten trotz guter wirtschaftlicher Ausgangslage und umfangreicher technischer Möglichkeiten rückläufig sind, müssen die Ursachen im sozioökonomischen Umfeld der Eigentümer oder in marktpolitischen Zusammenhängen liegen. Daher wird versucht, in den nächsten Kapiteln auf die verschiedenen Marktstrukturen und unterschiedlichen Hemmnisse einzugehen
Das gestalterische Ergebnis dieser Arbeit finden Sie unter folgendem Link: ZeroX
Aktuell befinden sich Teile dieses Ergebnisses in Patentrechtlicher Prüfung und werden daher nicht vollumfänglich beschrieben.
Bei Fragen sprechen Sie mich gerne an oder lassen Sie sich die gesamte Arbeit zusenden.
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